Kämpfen lohnt sich: Voller Erfolg nach 9 Tagen Streik bei Saxonia

Der Streik der Beschäftigten bei Saxonia in Göppingen gegen die Tarifflucht des Unternehmens hat sich ausbezahlt. Nach 9 Tagen Streik (23. Januar bis 2. Februar) konnten sie durchsetzen, dass in Zukunft die Flächentarifverträge wieder vollumfänglich gelten, auch die im November vereinbarte Lohnerhöhung für die Metall- und Elektroindustrie wird umgesetzt. „Das ist ein voller Erfolg", sagte Martin Purschke von der IG Metall in Göppingen. „Wenn die Beschäftigten zusammenhalten und sich organisieren, können sie sich auch gegen Widerstände durchsetzen. Unsere Forderung wurde voll erfüllt und die 100-prozentige Zustimmung der Mitglieder zeigt, wie sehr sie zufrieden sind.“ Für die rund 230 Beschäftigten ein tolles Ergebnis.

Saxonia war bereits im April 2022 aus dem Arbeitgeberverband Südwestmetall ausgetreten, hatte die Belegschaften aber erst Ende November darüber informiert. Die Beschäftigten fühlten sich von ihrer Geschäftsleitung deshalb mehrfach betrogen: Erst hat sie den Verbandsaustritt monatelang verheimlicht und in der Konsequenz sollten die Belegschaften nicht mehr in den Genuss der jüngsten Tariferhöhungen in der Metall- und Elektroindustrie kommen. Gründe genug, dass sich in der Urabstimmung 96 Prozent der IG Metall-Mitglieder für den Arbeitskampf aussprachen und sich 90 Prozent der Belegschaft aktiv am Streik beteiligten. Streikbrecher gab es wenige. Die Geschäftsleitung hat versucht, sie mit 200-300 Euro Prämie pro Tag zu locken.

Die Solidarität aus anderen Betrieben aus Göppingen und ganz Baden-Württemberg war groß und hat der kleinen Belegschaft den Rücken gestärkt und Kraft gegeben. Viele Betriebsräte aus Metallbetrieben wie Bosch, Mahle, WMF, Allgaier, Schuler, Mercedes-Benz usw., aber auch viele IGM-Geschäftsstellen, sowie gesellschaftliche Gruppen wie die Naturfreunde, der MigrantInnenverein und die Katholische Arbeitnehmerbewegung schickten Solidaritäts-Erklärungen bzw. unterstützten die Streikenden vor Ort bei ihren Kundgebungen und Aktionen. An jedem Streiktag war gute und kämpferische Stimmung.

Auf der Kundgebung am 1.2. zeigte Dejan Wick, Gewerkschaftssekretär bei IGM Göppingen-Geislingen die Folgen des Rückgangs der Tarifbindung auf: „Zu unserer Forderung: wir wollen nicht weniger, aber auch nicht mehr als die Tarifbindung. Ich sage: Mich kratzt es wenig, wenn dafür die Ausschüttung für den einen oder anderen Gesellschafter sinkt. Mich kratzt es wenig, wenn der Bonus für irgendwelche Manager bei Kern und Liebers zurückgefahren werden müssen! Mich kratzt es auch nicht, wenn der Hometrainer von den Herren und Damen Arbeitgebern dieses Jahr keinen Überzug aus Leopardenfell bekommt! Aber es kratzt mich sehr wohl, wenn ich sehe, dass die Arbeitnehmereinkommen in Betrieben ohne Tarifbindung von Jahr zu Jahr sinken! Dafür haben wir dutzende Beispiele: Tarifflucht bedeutet langsame Verarmung. Es macht mich wütend, wenn ich wieder und wieder lese, dass die Armut in kaum einem anderen Land in Europa so stark zunimmt wie in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt!“

Die Tarifbindung ist in den letzten Jahrzehnten massiv gesunken, so bei den Beschäftigten in den westlichen Bundesländern zwischen 1998 und 2020 von 76 auf 45 Prozent, in den östlichen von 63 auf 32 Prozent. In Folge dessen ist auch die Allgemeinverbindlichkeit eingebrochen, faktisch mehr oder weniger abgeschafft. Die Reallöhne können durch die ausgehandelten Tarifverträge nicht mehr gehalten werden, insbesondere in den letzten Jahren. Der Niedriglohnsektor ist auf über 20 Prozent angewachsen. Wo keine Tarifbindung da ist, geht auch der gewerkschaftliche Organisationsgrad zurück. Von den 45,7 Millionen Beschäftigten in Deutschland sind weniger als 5,7 Millionen gewerkschaftlich organisiert, gerade mal noch 12,5 %. Diese Entwicklung zeigt den Teufelskreis, zeigt aber auch, wie wichtig der Kampf um Tarifbindung ist. Deshalb gilt es, diese Kämpfe zu unterstützen. So auch den Kampf beim Windradbauer Vestas. Dort kämpfen die KollegInnen bereits seit über 3 Monaten für einen Tarifvertrag.

Christa Hourani

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