Metaller gegen Stellenabbau
Kundgebung der IG Metall am 22. November in Stuttgart
Alle Anzeichen deuten auf einen neuen Krisenausbruch hin. Das Industriekapital hat in vielen Betrieben Entlassungen, Standortschließungen, Verlagerungen, Sparprogramme und Ähnliches angekündigt. Die Konzernherren wollen die Kosten der Krise, der sogenannten „Transformation“ der Autoindustrie und weiterer Digitalisierungsschübe auf die abhängig Beschäftigten abwälzen, nachdem sie jahrelang fette Profite einkassiert haben. Mit gewerkschaftlichen Aktionstagen sowie betrieblichen Kämpfen reagiert die Gewerkschaftsbewegung auf diese Angriffe. Ein zaghafter Widerstand entsteht. Mit welcher Stoßrichtung kann die Einheit der Arbeiterklasse hergestellt werden? Reichen die Forderungen und Aktionen der IG Metall aus, um diesen breiten Angriff zurückzuweisen?
Die IG Metall Baden-Württemberg lädt unter den Slogans „0 % Verantwortung – Mega Rausschmiss! Alles muss raus! Wegen Stellenabbau! Jobabbau? Zukunftsklau? Halbschlau! Für deinen Arbeitsplatz!“ zu einer Kundgebung am 22. November in Stuttgart ein. Schon allein die Zusammenstellung dieser Sätze auf der Vorderseite des Aufrufs hinterlässt großes Stirnrunzeln, zeigt aber auch, dass es an einer klaren Linie, die Angriffe des Kapitals abzuwehren, fehlt. Auch wenn positiv zu werten ist, dass sie mit einer gemeinsamen Kundgebung aller betroffenen Betriebe reagieren, taugt diese Stoßrichtung nicht. Dem Kapital vorzuwerfen, dass es verantwortungslos ist, die Zukunft klaut und nur halbschlau ist, verniedlicht den Klassengegner und dessen Ziele. Denn diese übernehmen die Verantwortung voll, nämlich für ihre Höchstprofite und für die Zukunft des Kapitals, und tun dies auch schlau. Sie haben Konzepte wie Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Verdichtung der Arbeit, Lohnsenkungen, Entlassungen, Verlagerung in Billiglohnländer und anderes, und die IG Metall orientiert zaghaft auf einen „Fairwandel“.
Die Slogans der IG Metall zeigen, dass sie noch immer an die Sozialpartnerschaft glaubt und den Klassengegensatz nicht erkennt. Diese Linie setzt sich dann in den Forderungen fort. Sie fordern „kluge Zukunftsperspektiven“, ohne diese zu benennen. Sie wollen „keinen rücksichtslosen Abbau von Arbeitsplätzen“ – ist ein rücksichtsvoller Abbau okay? Außerdem sind sie für „belastbare Zusagen zu Beschäftigungssicherung und der Zukunft von Standorten“. „Belastbare Zusagen“ scheint eine neumodische Floskel zu sein, um sich ein Hintertürchen offen zu halten, um sich vor eindeutigen Formulierungen zu drücken. Diese Orientierung scheint eher auf ein Durchwursteln hinauszulaufen, als auf ein klares Konzept.
Sicher braucht es in der Gewerkschaftsbewegung noch intensivere Diskussionen, um eine adäquate Antwort auf diese neue Krisenentwicklung zu finden. Aber einige notwendige Forderungen eines antikapitalistischen Aktionsprogramms können auch schon beim jetzigen Stand der Diskussion und aus den Erfahrungen der letzten Krise vor zehn Jahren gezogen werden. Es gilt, die Abwälzung der Kosten der Krise auf die abhängig Beschäftigten zu verhindern, ebenso wie Verlagerungen und Betriebsschließungen. Es braucht Arbeitszeitverkürzung für alle – die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Die prekär Beschäftigten müssen abgesichert werden. Ein Mindestlohn von 15 Euro ist ebenso notwendig wie eine Entgrenzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengelds I und die Abschaffung von Hartz IV.
Soziale Absicherung verändert die Kräfteverhältnisse zu Gunsten der arbeitenden Menschen. Es braucht auch eine gesellschaftliche Debatte darüber, was und wie produziert wird und wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll. Wichtig ist, über den betrieblichen Tellerrand zu schauen, nicht mit Standortvereinbarungen nur die „eigenen“ Arbeitsplätze auf Kosten von anderen zu sichern, sonst werden die Belegschaften zum Spielball des Kapitals. Gegen Spaltungsabsichten hilft nur Solidarität.
Um der richtigen Forderung im Aufruf der IG Metall für eine nachhaltige, ökologische Zukunft mehr Gewicht zu verleihen, wäre es sinnvoller und effektiver gewesen, gemeinsam mit der Klimaschutz-Bewegung am 29. November zum globalen Klimastreik auf die Straßen zu gehen. Denn auch bei dieser Krise, vor allem, wenn auch die dramatischen Entwicklungen der Klimaveränderung mitgedacht werden, zeigt sich endgültig, dass das Kapital nicht in der Lage ist, für die akuten Probleme der Menschheit die richtigen Antworten zu finden. Ein gesamtgesellschaftlicher Plan ist notwendig, um Lösungen für Automobil- und Klimakrise zu finden.
Um die notwendigen Forderungen durchzusetzen, sind kämpferische, kreative und nachhaltige Aktionsformen sowie gesellschaftliche Bündnisse erforderlich. Alle paar Monate eine gemeinsame Kundgebung der Metallerinnen und Metaller oder vereinzelt betriebliche Kämpfe zu führen wird nicht reichen, die Angriffe abzuwehren und gesellschaftliche Veränderungen durchzusetzen. Die letzte Tarifrunde hat klar gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen kampfbereit sind und die IG Metall mobilisierungsfähig ist. Ohne die Hauptkampfwaffe Streik wird nichts gehen. Notfalls braucht es auch einen politischen Streik.