Viereinhalb Jahre bzw. fünfeinhalb Jahre Haft für zwei junge Antifaschisten aufgrund eines reinen Indizienprozesses mit dem Vorwurf der „schweren Körperverletzung“ und des „schweren Landfriedensbruch“ – das ist ein maßloses Urteil – auch wenn die Staatsanwaltschaft noch härtere Strafen gefordert hatte! In Anbetracht der vielen milden Gerichtsurteile der letzten Zeit gegenüber rassistischen und faschistischen Straftätern – oftmals sogar auf Bewährung – lässt sich von nichts anderem als von politischer Justiz sprechen. Mit dem Hauptstoß gegen Antifas und Linke, um jeglichen Widerstand gegen die Rechtsentwicklung zu kriminalisieren, andere abzuschrecken und Bewegungen von unten im Keim zu ersticken.
Auch wenn der zur Verhandlung stehende Vorfall am Rande einer „Querdenker“-Demo beim Cannstatter Wasen als tätliche Auseinandersetzung mit Vertretern der faschistischen Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ durch Antifas bei vielen Linken zu einem kritischen Echo führte, und auch bei uns selbst keine große Zustimmung auslöste, - so bleibt dennoch über alle Spektren der Linken hinaus die Notwendigkeit einer uneingeschränkten Solidarität mit allen AntifaschistInnen!
Dies erfordert allerdings auch auf allen Seiten die Bereitschaft für ein gemeinsames solidarisch-kritisches Nachdenken über Form und Inhalt eines wirksamen Antifaschismus und effektiven Widerstands gegen die aktuelle Rechtsentwicklung in unserem Land!
Dabei ist eine richtige Analyse der gesellschaftlichen Ursachen und treibenden Kräfte hinter dieser Rechtsentwicklung entscheidend. Nach unserer Einschätzung sind es eben nicht in erster Linie die faschistischen Anhänger und Aktivisten, die die Wurzel des Übels sind, sondern die herrschende Klasse selbst, die Spitzen des Monopol- und Finanzkapitals.
Diese wollen im Interesse ihrer immer maßloseren Profitgier und Expansionsstrategien den zu erwartenden Widerstand in der Arbeiterklasse und den Mittelschichten niederhalten und die Gesellschaft in ihrem Interesse formieren! Die zunehmende Aggression nach außen geht einher mit Sozialabbau und Aggression nach innen.
Für dieses strategische Interesse des Monopolkapitals, das die Gesellschaft bis in die letzten Poren durchdringt, werden alle Ressourcen der Massenbeeinflussung, der Medien und des Staatsapparats mobilisiert! So ist es eben kein Wunder, wenn immer wieder neue Fakten über Verstrickungen von Geheimdiensten, Militärs, Polizisten und selbst Angehörigen der Justiz zu rechtsradikalen Zusammenhängen bekannt werden. Wenn der Vorsitzende Richter des Landgerichts Jo und Dy „ideologische Verblendung“ vorwarf, so zeigt das, wes Geistes Kind er ist. Die Forderung „Entnazifiziert den Staatsapparat!“ ist mehr als gerechtfertigt.
Vor diesem Hintergrund der herrschenden Interessenlage halten wir die Losung „Antifa bleibt Handarbeit“ für schwierig. Sie richtet den Hauptstoß gegen die einzelnen Anhänger der Nazis unten, anstatt gegen die Drahtzieher oben, gegen das Monopolkapital und seine geistigen Handlanger im Staatsapparat und in den Medien.
Das soll nicht heißen, dass wir als Antifaschisten uns nicht auch notfalls handgreiflich wehren müssen gegenüber Provokationen von Nazis, - dazu haben wir selbstverständlich das Recht. Vorrangig muss es uns aber um die politische und argumentative Gewinnung der Arbeiterklasse und der Bevölkerungsmehrheit gehen!
Wir müssen aus unserer Geschichte lernen und wir brauchen dringend einen solidarisch-kritischen Dialog unter allen Linken über die besten Methoden und Aktionsformen im Kampf gegen Rechts.
Wir von der DKP sind zu diesem Dialog bereit.