Am 25. und 26. Januar 2020 findet die "Strategiekonferenz für kämpferische Gewerkschaften" statt. Sie wird organisiert von der VKG - Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften. Die UZ interviewte Christa Hourani, eine der SprecherInnen der VKG.
Was ist denn die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG?
Die VKG ist ein gewerkschaftsübergreifender Zusammenschluss kritischer Kolleg*innen und Initiativen innerhalb des DGB, der sich im Mai 2019 dazu entschlossen hat, für Januar erstmalig eine Konferenz einzuberufen. Uns ist wichtig, innerhalb des DGB für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik einzutreten. Dazu wollen wir uns vernetzen. Immerhin ist uns gelungen, 20 Organisationen zu gewinnen, diese Konferenz gemeinsam zugestalten und durchzuführen. Mit dabei sind die Gewerkschaftslinken mit vielen örtlichen Foren (Stuttgart, Hamburg, Wiesbaden, München, Rhein-Neckar, Dortmund), die ver.di Linke NRW, das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di, LabourNet Germany, Redaktion Express, DidF – Föderation Demokratischer Arbeitervereine, TIE – Internationales Bildungswerk, OKG – Organisieren-Kämpfen-Gewinnen und einige andere. Das ist ein schöner Erfolg. So einen breiten Einladerkreis für eine Konferenz hatten wir schon lange nicht mehr.
Was ist das Ziel Eurer Konferenz?
Wie gesagt, wir wollen für einen kämpferischen Kurs in den Gewerkschaften eintreten. Dazu wollen wir darüber beraten, wie wir gemeinsam an einem Strang ziehen und uns für eine solche Ausrichtung der Gewerkschaften stark machen können. Es gibt viele gute Ansätze, aber um die Gewerkschaften insgesamt in diese Richtung zu bringen, ist es nötig, sich besser zu vernetzen und zu koordinieren. So könnten beispielsweise Vorschläge und Initiativen für Kämpfe und Kampagnen ausgearbeitet werden, gemeinsam Anträge eingebracht werden, Solidaritätsarbeit für Kämpfe verstärkt und weitere Absprachen organisiert werden.
Welche guten Ansätze meinst du?
In den letzten Jahren hat es einige positive Ansätze in einzelnen Arbeitskämpfen und Betrieben gegeben. So hat der Streik an der Berliner Charité eine Pilotwirkung für Belegschaften anderer Krankenhäuser gehabt, für tarifliche Vereinbarungen zur Personalbemessung zu kämpfen – etwas, das zuvor nicht für möglich gehalten wurde. Das waren gleichzeitig wichtige Schritte in Richtung Demokratisierung von Streiks. Das hat es auch beim Streik von Erzieher*innen und Sozialarbeiter*innen mit einer bislang einzigartigen bundesweiten Streikdelegiertenkonferenz gegeben. Auch die Ganztagesstreiks in der Tarifrunde der IG Metall 2018 waren ein neues Element und haben zur tollen Stimmung und zur guten Dynamik beigetragen. Zudem gibt es ein Aufleben von Arbeitskämpfen für Tarifverträge und gewerkschaftlicher Organisierung, besonders in den wachsenden prekären Bereichen. Das alles sind zukunftsweisende Projekte.
Warum ist die Konferenz gerade jetzt so wichtig?
Gerade in Zeiten der drohenden Zerstörung der Welt durch die kapitalistische Produktionsweise, gegen deren Auswirkungen seit Monaten Hunderttausende auf die Straße gehen, ist eine starke Linke in den Gewerkschaften nötiger denn je. Vor dem Hintergrund von sich abzeichnenden Erschütterungen der Weltwirtschaft, die Deutschland hart treffen können, müssen die Erfahrungen der Vergangenheit ausgewertet und die Weichen für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik gestellt werden.
Was gefällt euch nicht an der jetzigen Gewerkschaftspolitik?
Leider ist die Gewerkschaftspolitik vielfach von sozialpartnerschaftlichen Vorstellungen geprägt. Die Politik des Co-Managements scheint weit verbreitet. Das bedeutet, dass oft die Konkurrenz- und Standortlogik vorherrscht. Diese führt zu Verzicht im Interesse der Unternehmen, wobei als Begründung die Sicherung von Arbeitsplätzen angeführt wird. Tarifauseinandersetzungen werden meist wie ein Ritual durchgezogen, das die Kolleg*innen zwar noch mitmachen, aber was sie im Grunde immer weniger überzeugen oder gar neu motivieren kann.
Was wollt ihr wie ändern?
Wir wollen diskutieren, wie Arbeitskämpfe erfolgreicher geführt und wie sie demokratischer gestaltet werden können. Eine Fragestellung ist zum Beispiel, ob der Kampf für eine bessere Personalausstattung sowie eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung in großen Schritten bei vollem Entgelt- und Personalausgleich ein verbindendes Element sein kann. Klar sollte sein: Ein solcher Kampf um eine Arbeitszeitverkürzung, die diesen Namen verdient, muss gewerkschaftlich gut vorbereitet und organisiert sein und braucht die aktive Solidarität und Unterstützung aus Betrieben, allen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, um sich gegen Kabinett und Kapital durchsetzen zu können. Angesichts des sich ausdehnenden Niedriglohnsektors und weit verbreiteter ungeschützter und sonstiger „atypischer“ Beschäftigung halten wir gerade dies für eine zentrale Herausforderung gewerkschaftlicher Politik. Die Gewerkschaftsführungen geben zur Zeit die falschen Antworten auf brennende Fragen. Auf der Konferenz wollen wir nach besseren Antworten suchen. Eine erfolgreiche und kämpferische Gewerkschaftsarbeit bietet auch die beste Basis, um rechtsextreme Kräfte zurückzudrängen. Auch dies ist mehr als dringlich.
Vielen Dank für das Gespräch.
Strategiekonferenz 2020
25./26 Januar 2020
DJH Jugendherberge, Deutschherrnufer 12, 60594 Frankfurt am Main
Teilnahmebeitrag mit Übernachtung in der Jugendherberge inkl. Essen 70 €
Anmeldeschluss ist der 10. Januar 2020
Nachfragen an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Anmeldung über: www.vernetzung.org/veranstaltungen
Programm:
Samstag, 25. Januar 2020:
I. Plenum 11 bis 13 Uhr: In welcher Lage befinden sich die Lohnabhängigen in der BRD heute? Was tun in Zeiten von Wirtschaftskrise, Prekarisierung, Arbeitshetze, Massenentlassungen und Umweltzerstörung?
II. 1. Workshopschiene 14.00 bis 16:30 Uhr
Wodurch sollte sich eine konsequente Gewerkschaftspolitik auszeichnen?
AG 1 Kampf für einen neuen „Normalarbeitstag“ – Radikale wöchentliche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
AG 2 Mehr Demokratie in Arbeitskämpfen und Gewerkschaften!
AG 3 Gewerkschaftliche Kämpfe politisch führen!
III. 2. Workshopschiene 17 bis 19 Uhr
AG 4 Prekarisierung bekämpfen statt „gestalten“!
AG 5 Internationale Solidarität statt internationaler Konkurrenz!
AG 6 Gewerkschaft und Klimaschutzbewegung zusammenbringen
AG 7 Umgang mit Rassisten und Faschisten im Betrieb
IV. ab 19 Uhr Abendessen und danach gemütliches Beisammensein
Sonntag, 26. Januar 2020
I. Branchen- und Tariftreffen 9.00 bis 10.30 Uhr.
II. Plenum 11 bis 13 Uhr:
Auf welche allgemeinen Zielsetzungen und gemeinsamen konkreten Schwerpunkte können wir uns einigen?