Presseerklärung der VVN-BdA vom 22.11.2019
Antifaschismus muss gemeinnützig bleiben!
Schwerer Angriff auf die VVN-BdA
Am 4. November hat das Finanzamt für Körperschaften I des Landes Berlin
der Bundesvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes –
Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e.V. die
Gemeinnützigkeit entzogen. Damit verbunden sind vorerst
Steuernachforderungen in fünfstelliger Höhe, die noch in diesem Jahr
fällig werden. Weitere erhebliche Nachforderungen sind zu erwarten und
auch zukünftig drohen wesentlich höhere steuerliche Belastungen. Damit
ist die VVN-BdA in ihrer Existenz bedroht.
Das Finanzamt Berlin handelt damit anders, als das Finanzamt
Oberhausen-Süd, das der Landesvereinigung NRW die Gemeinnützigkeit am
22. Oktober gewährt hat. In beiden Fällen war derselbe Vorwurf erhoben
worden. Er besteht darin, dass die Landesvereinigung Bayern der VVN-BdA
im bayrischen Verfassungsschutzbericht wiederholt als linksextremistisch
beeinflusst dargestellt wird. Während das Finanzamt Oberhausen-Süd der
Widerrede der VVN-BdA im Anhörungsverfahren entsprach, beharrt das
Berliner darauf, dass „der volle Beweis des Gegenteils, als Widerlegung
der Vermutung als extremistische Organisation“ nicht erbracht worden sei.
Das bedeutet, dass die Bewertung durch eine nachgeordnete bayrische
Landesbehörde, die laut bayrischem Gerichtshof keine Tatsachenbehauptung
darstellt, demnach über das Schicksal einer bundesweit arbeitenden
zivilgesellschaftlichen Organisation entscheiden dürfen soll.
Von Überlebenden der Konzentrationslager und Gefängnisse 1947 gegründet,
ist die VVN-BdA seitdem die größte, älteste, überparteiliche und
überkonfessionelle Organisation von Antifaschistinnen und Antifaschisten
Deutschlands. Sie vertritt die Interessen von Verfolgten und
Widerstandskämpfern, sowie deren Nachkommen, tritt für Frieden und
Völkerverständigung ein und hat gegen große gesellschaftliche
Widerstände wesentlich dafür gesorgt, dass die Verbrechen des
Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit geraten sind, u.a. durch den Einsatz
für die Errichtung von Gedenkstätten und Erinnerungsorten und vielfache
Zeitzeugenarbeit. Sie informiert über aktuelle neofaschistische Umtriebe
und organisiert den Widerstand in breiten Bündnissen.
Wir sind entsetzt und empört darüber, dass sich das Berliner Finanzamt
die haltlosen Unterstellungen der bayrischen Behörde ungeprüft zu eigen
macht. Damit behindert es genau das zivilgesellschaftliche Engagement,
das von Regierung und Parteien angesichts schrecklicher
rechtsterroristischer Verbrechen allenthalben eingefordert wird.
Wir fordern die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für unsere Organisation!
Wir fordern praktische Unterstützung für alle zivilgesellschaftlichen
Gruppen und Organisationen, die die Grundwerte des Grundgesetzes gegen
rassistische, antisemitische, nationalistische und neofaschistische
Angriffe verteidigen!
Cornelia Kerth, Dr. Axel Holz
Bundesvorsitzende
Siehe auch Junge Welt vom 28.11.2019